Eleanor Roosevelt vor einem Mikrofon der BBC

Geschichte der Menschenrechte

Eleanor Roosevelt – die First Lady der Menschenrechte

Zwölf Jahre lang war Eleanor Roosevelt an der Seite ihres Mannes Franklin die First Lady der Vereinigten Staaten. Danach wurde sie 1945 zur Botschafterin der USA ernannt und gehörte zu den Verfassern der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Von Julia Lohrmann

Ehefrau und Mutter

Eleanor Roosevelt wurde am 11. Oktober 1884 als Tochter von Anna Hall Roosevelt in New York geboren. Für ihre Mutter war physische Schönheit ein zentraler Wert, entsprechend enttäuscht war sie über ihre erste Tochter, die sich zu einem großen, schlaksigen Mädchen mit vorstehenden Zähnen entwickelte.

Ihr Vater Elliott Roosevelt hingegen vergötterte sie. Als ihre Mutter im Dezember 1892 starb, wurde es dem alkoholabhängigen Vater nicht erlaubt, die Kinder zu sich zu nehmen. Eleanor wurde von ihrer strengen Großmutter Hall aufgezogen und später auf eine Privatschule nach London geschickt.

Als Eleanor mit 18 Jahren nach New York zurückkehrte, wurde sie in die New Yorker Gesellschaft eingeführt und traf dort einen entfernten Cousin wieder: den gut aussehenden Franklin D. Roosevelt, den sie am 17. März 1905 heiratete.

Während Eleanor über die Jahre sechs Kinder auf die Welt brachte, machte ihr Mann Karriere als Senator. Sie lernte, sich als Hausfrau und Mutter Franklins dominanter Mutter Sara unterzuordnen, die auch über die Erziehung der Kinder entschied.

Erst als sie entdeckte, dass ihr Mann ein Verhältnis mit seiner Sekretärin hatte, wurde Eleanor bewusst, wie unglücklich sie in einer Ehe war, die nur auf Pflichterfüllung beruhte. "Ich sah mich selbst, meine Umgebung nun wirklich zum ersten Mal", schrieb sie später.

US-Präsident Franklin D. Roosevelt und seine Frau Eleanor Roosevelt in festlicher Kleidung beim Verlassen des Ostergottesdienstes 1938

Eleanor und Franklin Roosevelt 1938

Eleanor bot Franklin die Scheidung an, doch aus Rücksicht auf die Kinder und wegen des absehbaren Skandals, der das politische Aus für Franklin bedeutet hätte, entschieden sie sich dagegen. Eleanor wurde aktiv, begann ihr eigenes Leben und wurde zur führenden Frauenfigur der Demokratischen Partei im Staat New York.

Unermüdliche Aktivistin

Als Franklin D. Roosevelt 1921 an Polio (Kinderlähmung) erkrankte, wurde Eleanor zu seiner vertrauten und unermüdlichen Reporterin, sie wurde zu seinen Augen und seinen Ohren.

Eleanor reiste an seiner Stelle durch das Land, lernte Menschen kennen, beobachtete, redete und trug ihre Erkenntnisse nach Washington. Ihre Antwort auf die Frage, ob Polio die Mentalität ihres Mannes verändert habe, brachte ihr stehende Ovationen: "Jeder, der viel gelitten hat, bringt notwendigerweise mehr Mitgefühl und Verständnis für Probleme der Menschheit auf."

Franklin D. Roosevelt im Rollstuhl mit Enkelin.

Franklin D. Roosevelt bekam als Erwachsener Kinderlähmung

Eleanors Engagement führte letztlich dazu, dass Franklin sich trotz seiner Krankheit um das Amt des Präsidenten bewarb und 1932 zum Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde.

Von nun an wurden ihre Aktivitäten genauer verfolgt als bisher und die Presse diskutierte die Frage, wie aktiv eine amerikanische First Lady überhaupt sein durfte.

Unabhängige First Lady

Zwei Tage nach Franklins Amtseinführung gab Eleanor zum ersten Mal ihre wöchentliche Pressekonferenz, zu der ausschließlich Reporterinnen ("the press girls") zugelassen waren. Das hatte zur Folge, dass alle Zeitungen zumindest eine weibliche Reporterin einstellen mussten. Eleanor hoffte, auf diesen Konferenzen Themen formulieren zu können, die von speziellem Interesse für die Frauen des Landes waren.

Eigentlich sollte sie auf diesen Konferenzen alltägliche Frauengeschichten und keine politischen Themen diskutieren. Sie aber wollte Kontroversen entfachen und damit Themen zur Sprache bringen, denen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Eleanor begann regelmäßig journalistisch zu arbeiten und veröffentlichte Artikel, Radiobeiträge und Kolumnen. Nach dem Tod ihres Mannes am 12. April 1945 sagte sie zu den Reportern: "The story is over" (zu Deutsch: "Die Geschichte ist vorbei"). Denn sie war überzeugt davon, dass ihr politischer Einfluss ohne den Präsidenten in ihrem Rücken rapide sinken würde.

Eleanor Roosevelt

Eleanor Roosevelt blieb auch nach dem Tod ihres Mannes politisch engagiert

Unkonventionelle Menschenrechtlerin

Doch als am 26. Juni 1945 die Gründungsveranstaltung der Vereinten Nationen stattfand, wurde Eleanor Roosevelt die wichtigste Aufgabe ihres Lebens zuteil. Sie wurde Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen und gehörte zu den Verfassern der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Als Vorsitzende der 1946 eingesetzten UNO-Menschenrechtskommission wusste sie ihre Agenda zu vertreten und brachte ihre Argumente in einem scharfen Ton vor, der keinen Widerspruch duldete.

schwarz-weiß Aufnahme einer älteren Frau, die eine Zeitung mit der Überschrift "Human Rights" in der Hand hält.

Eleanor Roosevelt mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

Bei der Gründung der Vereinten Nationen erwiesen sich besonders die Verhandlungen mit der Sowjetunion über die Festlegung gemeinsamer Werte als überaus schwierig. "Natürlich bin ich eine Frau und verstehe nichts von diesen Dingen", besänftigte sie ihre Gegner zuerst.

Daraufhin schlug sie aber hart zu und sagte: Natürlich seien die Amerikaner bereit, sowjetische Beobachter ins Land zu lassen. Allerdings nur, wenn die Russen das Gleiche täten.

Am 10. Dezember 1948 wurde die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" angenommen, was nicht zuletzt Eleanor Roosevelts diplomatischem Geschick zu verdanken war. Nach intensiven Verhandlungen verkündete sie um drei Uhr früh, dass die Menschenrechtserklärung "für Millionen von Menschen Hilfe, Wegweiser und Inspiration sein würde."

Bis ins hohe Alter blieb sie sozialpolitisch engagiert. Am 7. November 1962 starb Eleanor Roosevelt im Alter von 78 Jahren. Das Mädchen, das einst von ihrer Mutter wegen ihrer angeblichen Hässlichkeit verlacht wurde, hatte den amerikanischen Frauen ein neues Selbstbewusstsein gegeben: "Die Zukunft gehört jenen, die an die Schönheit ihrer Träume glauben."

Eleanor Roosevelt, amerik. Politikerin (Todestag 07.11.1962)

WDR ZeitZeichen 07.11.2017 14:54 Min. Verfügbar bis 05.11.2027 WDR 5


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(Erstveröffentlichung 2004. Letzte Aktualisierung 22.04.2020)

Quelle: WDR

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