"Die Küche des Marktes"
Die Revolution fing eigentlich ganz harmlos an: In den 1950er-Jahren hatte ein unbekannter Koch aus einem Dorf bei Lyon beschlossen, dass seine Gerichte künftig so schmecken sollten wie die Produkte, aus denen sie hergestellt wurden. Er wollte die Gourmetküche wieder authentisch machen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sein Name: Paul Bocuse.
Bocuse wollte mit etwas Improvisation die großen Köche und Gastronomen auf den Pfad der Kreativität zurückführen. Um erstklassige Spitzengerichte zu zaubern, bedarf es erstklassiger Produkte. Paul Bocuse wollte sich beim Erwerb seiner Zutaten auf niemanden verlassen außer auf sich selbst.
So kam es, dass er Morgen für Morgen in Lyon auf dem Markt zu sehen war, wo er mit prüfendem Blick Wachteln, Wild, Gemüse und Salat einkaufte. Hier entstand das Leitmotiv seiner Küchenphilosophie: "die Küche des Marktes" ("La Cuisine du Marché").
Langsam machte er sich einen Namen, Gäste kamen und füllten sein Restaurant. Bald schon wurde er weit über die Grenzen Lyons hinaus bekannt.
Ein Sternekoch mit Bundesverdienstkreuz
Paul Bocuse wurde zum Jahrhundertkoch. Schon 1965 erhielt er den dritten Michelin-Stern und war der einzige Koch, den Frankreich in den Stand der Ehrenlegion erhob. Auch Deutschland verlieh ihm einen Orden: das Bundesverdienstkreuz erster Klasse für seinen außerordentlichen Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Spitzengastronomie.
Bocuse bekochte die Großen und Mächtigen der Erde und wurde für die eigene Branche zum herausragenden Vorbild. Der 1987 begründete "Bocuse d'Or" gilt als renommiertester Kochwettbewerb der Welt und wird auch nach dem Tod seines berühmten Namensgebers weiter verliehen.
Als Vater der Nouvelle Cuisine ging Paul Bocuse in die Geschichte des Kochens ein. Die Gerichte sollten weg vom zerkochtem Gemüse, der Brühwürfelküche und dem Mehlschwitzen-Einerlei.
Die wichtigsten Eckpunkte der Nouvelle Cuisine:
- der unverfälschte Eigengeschmack der Speisen
- genaue Garzeiten
- die ausschließliche Verwendung frischer Zutaten
- die Betonung der regionalen Küche
- die Improvisation und
- das Verbannen schwerer Saucen oder Marinaden
(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 10.12.2020)