Spielzeug in der Steinzeit
Kinder spielten schon in der Steinzeit – darauf deuten archäologische Funde von speziell bearbeiteten Knochen und Steinen hin, die als Beigabe in Kindergräbern gefunden wurden. Auch aufwendig gestaltete puppenähnliche Tongebilde und Lärminstrumente wie Rasseln und Pfeifen wurden den Verstorbenen mitgegeben.
Es ist davon auszugehen, dass diese Dinge auch schon zu Lebzeiten der Kinder benutzt wurden und als Spielzeug dienten.
Je weiter entwickelt die kunsthandwerkliche Fertigkeit der Menschen war, desto komplexer wurden auch die Bedürfnisse der Kinder nach schöneren und hochwertigeren Spielsachen. Darauf deuten Pferdefiguren, kleine Trommeln oder Reifen hin, die ebenfalls aus der Frühgeschichte der Menschheit stammen.
Zeitvertreib mit Holzfiguren und Brettspielen
Im Jahre 200 vor Christus spielten ägyptische Kinder besonders gerne mit Krokodilen und Löwen, die aus Holz geschnitzt waren. Das Besondere an diesen Spielzeugtieren war, dass sie den Unterkiefer bewegen und auf diese Weise ihr Maul gefährlich weit aufreißen konnten. Mit den Jahren wurde das Spielzeug immer realistischer.
Auch die vormals primitiven Puppen der Steinzeit hatten sich gewandelt. Sie bestanden nun aus Stoff, trugen Kleider und Schmuck. Haare zierten ihren Kopf und individuelle Gesichtszüge machten jede Puppe einzigartig. Außerdem ließen sich ihre Gliedmaßen bewegen.
Im alten Ägypten waren Brettspiele wie "Dame" sehr beliebt. Das belegen zeitgenössische Wandmalereien. Das Lieblingsspiel der Kinder war jedoch das Hund-und-Schakal-Spiel. Dazu gehörten Würfel und eine tönerne, buntbemalte Hundefigur, in deren gelöcherten Rücken man lange Holzstifte stecken konnte. Jeder dieser Stifte war mit einem Schakalkopf verziert.
Die jungen Griechen und Römer des Altertums spielten mit Kreiseln, Würfeln und Pferden mit Reiter und Fuhrwerk. Von den Knaben erwartete das Rollenverständnis auch, dass sie sich mit Holzschwert, Soldaten- und Gladiatorenfiguren in Krieg und Kampf erprobten.
Mädchen aus reichen Familien konnten die Welt der Erwachsenen mit Miniaturmöbeln oder -geschirr nachahmen. Gelenkpuppen aus Elfenbein spielten hier die Hauptrolle.
Kinder aus ärmeren Schichten mussten mit weniger auskommen. Sie spielten häufig mit kleinen Ziegenknochen (Astragalen).
Arme und Reiche spielten unterschiedlich
Die Kluft zwischen den sozialen Schichten existierte bis ins Mittelalter und darüber hinaus.
Für die Kinder der armen Bevölkerung bestand der Alltag aus Arbeit. Sie mussten in Haushalt und Hof helfen, betteln und Geld verdienen, um die Familie über Wasser zu halten. In der wenigen Freizeit vergnügten sie sich mit den einfachsten Dingen, bastelten sich aus Kastanien, Eicheln und Tannenzapfen kleine Männchen oder erschufen sich aus Sand, Steinen, Ästen und Erde eine Traumwelt.
Die Spielzeuge der gehobenen Schichten – beispielsweise fein ausstaffierte Puppen, Steckenpferde, Windmühlen, große Holzreifen, Glasmurmeln, silberne Babyrasseln oder Ritterfiguren – waren für sie unerreichbar.
Für den Nachwuchs der Fürstenhäuser schien die Welt des Spielzeugs grenzenlos. So ist überliefert, dass Kurfürst August von Sachsen seinem zwölfjährigen Sohn im Jahre 1572 eine aufwändig gearbeitete Jagdgesellschaft aus Miniaturfiguren schenkte und seine Töchter mit einer prächtig ausgestatteten Puppenküche bedachte, die mit Geschirr aus Zinn bestückt war.
Immer lebensnaher wurden die Spielgeräte, die Jungen und Mädchen auf ihre späteren Aufgaben in der Gesellschaft vorbereiten sollte. Jungs bekamen Ritter-, Turnier- und Jagdfiguren, ja sogar Miniaturausgaben von Waffen, wie Armbrust oder Pfeil und Bogen. Mädchen spielten mit Puppen, Puppenstuben und Nähutensilien.
Docken aus Nürnberg
Holz wurde zum beliebtesten Naturmaterial für die Spielzeugherstellung, die sich langsam auf eine Massenproduktion hinbewegte. Standortbedingt entstanden in den waldreichen Regionen von Thüringen, des sächsischen Erzgebirges, des Alpenvorlandes sowie in Nürnberg und Augsburg Handwerksbetriebe und Manufakturen, die sich auf die Herstellung von Holzspielzeug spezialisierten.
In Nürnberg waren es vor allem die so genannten Docken – aus Holz geschnitzte oder gedrechselte Puppen –, die sich hervorragend verkauften und von weither bestellt wurden.
Dazu gab es passendes Zubehör und Dockenhäuser, die sich ebenfalls großer Beliebtheit erfreuten.
Pädagogisch wertvolles Spielzeug
Ende des 18. Jahrhunderts kam eine neue Art des Spielzeugs auf, die einen hohen Lernwert hatte. Baukästen sollten Fantasie und Feinmotorik anregen, sportliche Spielgeräte die Gesundheit der Kinder fördern.
Der Erzieher und Lehrer Friedrich Fröbel tat sich auf dem spielpädagogischen Feld besonders hervor. Er entwickelte erzieherisch wertvolles Spielzeug, das in speziellen Geschäften angeboten wurde.
Dampfantrieb im Kinderzimmer
Die beginnende Industrialisierung mit ihren neuen Technologien brachte auch Schwung in die Spielzeugherstellung. Aus dünn gewalzten Blechen ließen sich nun Menschen- und Tierfiguren, Häuser und Fuhrwerke in hohen Auflagen herstellen.
Das Zeitalter der industriellen Revolution fand seine Nachahmung auch in der Kinderwelt. Dampfmaschinen im Kleinformat erfreuten das Herz der Söhne, mondän ausgestattete Puppenhäuser die Töchter aus gutem Hause. Und der Fortschritt im Kinderzimmer hielt an.
1895 brachte die damals noch junge Firma Märklin erste schienengebundene und dampfbetriebene Spielzeugeisenbahnen auf den Markt. Einige Jahre später entwickelte man daraus die elektrische Modelleisenbahn, wie sie noch heute zu kaufen ist.
Heute scheint die Spielzeugwelt grenzenlos und vor allem klassenlos zu sein. Viele Artikel, die früher dem Nachwuchs wohlhabender Eltern vorbehalten war, sind heute durch Massenfertigung zum preiswerten Spielzeug für jedermann geworden.
(Erstveröffentlichung: 2006. Letzte Aktualisierung: 01.04.2022)