Otto Pfister auf einem Stuhl mit einem Globus in der Hand

Fußball-Weltmeisterschaft 2006

Otto Pfister – Weltenbummler in Sachen Fußball

Lange Zeit war Otto Pfisters Name nur eingefleischten Fußballfans bekannt, obwohl er im Laufe seiner Karriere bereits zehn Nationalmannschaften betreut hat. Doch bei der WM 2006 wurde er als Nationaltrainer von Togo berühmt.

Von Tobias Aufmkolk

Zum ersten Mal dabei

Ein bisschen überraschend war es schon, dass Togo sich für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland qualifiziert hatte. In ihrer Qualifikationsgruppe war die Nationalmannschaft Senegals der große Favorit, auch Mali wurde anfangs höher eingeschätzt als das Team Togos.

Superstar Emmanuel Adebayor von Arsenal London machte den Unterschied. Er alleine schoss elf der 20 Treffer seiner Mannschaft und wurde zur spielbestimmenden Figur der gesamten Afrika-Qualifikation.

Als im letzten Gruppenspiel der Kongo auswärts mit 3:2 besiegt wurde, brachen alle Dämme in dem kleinen westafrikanischen Land. Sie hatten es zum ersten Mal geschafft, sich für eine Fußball-Weltmeisterschaft zu qualifizieren.

Emmanuel Adebayor in gelbem Trikot und grüner Hose läuft über ein Spielfeld.

Adebayor schoss Togo zur WM

Dementsprechend optimistisch fuhr die Mannschaft zum Afrika-Cup, der Anfang 2006 in Ägypten ausgespielt wurde. Anders als erwartet geriet die Vorrunde jedoch zum Desaster für Togo. Ohne einen gewonnenen Punkt musste man die Heimreise antreten.

Die Mannschaft stand vor einem Scherbenhaufen. Der nigerianische Trainer Stephen Keshi verkrachte sich mit Adebayor, der kurzerhand seine Koffer packte und nach London zurückflog.

Direkt nach dem Turnier wurde Keshi vom togolesischen Verband gefeuert. Ein neuer, erfahrener Trainer, der die Mannschaft innerhalb weniger Monate wieder auf die Beine stellen konnte, musste her. Afrika-Kenner Otto Pfister schien genau der Richtige für diesen Job zu sein. Im Februar 2006 trat er seinen Dienst als Nationaltrainer Togos an.

Mannschaftsaufstellung Togos im Januar 2006

Die Fußball-Afrikameisterschaft 2006 war für dieses Team ein Desaster

Korruption, Spielerboykott und drohende Abreise

Pfister hatte es von Anfang an nicht leicht in dem westafrikanischen Land. Die Spieler Togos sprachen sich für seinen Vorgänger Keshi aus, der die Mannschaft besser kannte und mit ihr den größten Erfolg gefeiert hatte. Doch die togolesischen Funktionäre hatten ihren eigenen Kopf. Sie drückten Pfister gegen den Willen der Spieler durch.

Um die Mannschaft besser kennenzulernen, reiste Pfister mit dem Team als erster WM-Teilnehmer frühzeitig ins Trainingslager nach Wangen ins Allgäu. Er wollte ausreichend Zeit haben, um die Spieler an sich und sein Spielsystem zu gewöhnen.

Doch ein ruhiges Arbeiten im Trainingslager kam nicht zustande. Obwohl Pfister vertraglich festgeschrieben hatte, dass der Verband Togos die Prämienzahlung an die Spieler frühzeitig regelt, war bis vier Tage vor Spielbeginn noch kein Geld geflossen. Die gesamte Mannschaft boykottierte daraufhin das Training.

Otto Pfister und togolesische Spieler auf dem Trainingsplatz

Während des Trainingslagers kam es zum Eklat

Pfister reiste noch am selben Abend aus dem Quartier ab. Er gab nicht der Mannschaft die Schuld, sondern den Funktionären, die ihr Versprechen nicht gehalten hatten, das von der FIFA bereitgestellte Geld an die Spieler auszuzahlen. Nur mit Engelszungen konnten die Spieler nach zahlreichen Telefonaten den deutschen Trainer zur Rückkehr überreden.

In den darauffolgenden Tagen griff Pfister die Funktionäre Togos in den Medien immer wieder scharf an. Der Generalsekretär reagierte prompt und bezichtigte den Trainer des übermäßigen Alkoholkonsums. Der nach eigenen Angaben nicht mal ein Bier trinkende Pfister kommunizierte daraufhin gar nicht mehr mit dem Verband.

Erst als die Spieler mit einem Spielboykott im zweiten WM-Spiel gegen die Schweiz drohten, schaltete sich die FIFA ein und streckte einen Teil der vereinbarten Prämien vor.

Das ganze Hickhack war aus sportlicher Sicht für die Mannschaft ein Desaster. Sie verlor sang- und klanglos alle drei WM-Spiele gegen Südkorea, die Schweiz und Frankreich. Insgesamt war es für das kleine, mit hohen Erwartungen gestartete westafrikanische Land eine wenig erfreuliche erste WM-Teilnahme.

Bunt bemalte togolesische Fans

Wenigstens die Fans hatten gute Laune

Pfisters lange Karriere

Aus unerklärlichen Gründen bot der Verband Togos Pfister nach dem WM-Desaster einen neuen Vertrag an. Nach reiflicher Überlegung nahm der jedoch im September 2006 ein Angebot des sudanesischen Erstligisten Al-Merrikh Omdurman an. Ein weiteres Land in der langen Trainerkarriere Otto Pfisters.

Nach einer eher mittelmäßigen Karriere als Spieler in den 1950er- und 1960er-Jahren machte der gebürtige Kölner bereits 1960 den Trainerschein in der Schweiz. Seine ersten Trainerstationen waren ebenfalls in der Schweiz und in Liechtenstein als Spielertrainer. 1972 zog es den damals 35-jährigen Deutschen nach Afrika, er erhielt einen Vertrag als Nationaltrainer Ruandas.

Die nächsten 23 Jahre blieb Pfister auf dem schwarzen Kontinent. Nach Ruanda übernahm er die Nationalmannschaft Obervoltas (heute Burkina Faso). Es folgten die Nationalteams des Senegals, der Elfenbeinküste, aus Zaire (heute Demokratische Republik Kongo) und aus Ghana.

Mit der Elfenbeinküste wurde Pfister 1983 U-19-Afrikameister, mit Ghana 1991 U-17-Weltmeister. Hier baute er unter anderem Spieler wie Samy Kuffour, Abedi Pele und Anthony Yeboah zu späteren Weltstars auf.

Otto Pfister mit Emmanuel Adebayor

Otto Pfister hat einen besonderen Draht zu afrikanischen Spielern

1995 verließ Pfister dann Afrika und wurde für zwei Jahre Nationaltrainer in Bangladesh, bevor er 1997 das Team aus Saudi-Arabien übernahm. Nach Querelen mit dem saudi-arabischen Verband arbeitete Pfister von 1999 bis 2005 dann recht erfolgreich auf Vereinsebene in Nordafrika und im Libanon. 2000 holte er mit Zamalek Kairo den Afrikapokal der Pokalsieger, ein Jahr später den ägyptischen Meister- und Superpokal.

Es folgten weitere Stationen als Nationaltrainer Kameruns sowie Trinidad und Tobagos. Im zarten Alter von 79 Jahren übernahm er im Februar 2017 die Nationalmannschaft Afghanistans. Im Mai 2018 erhielt der mittlerweile 80-jährige Trainer den Ehrenpreis des Vereins Deutscher Fußball Botschafter für sein herausragendes sportliches und sozial-gesellschaftliches Engagement.

Durch seine unbequeme Art eckte Pfister im Laufe seiner Karriere immer wieder an. Er stritt sich oft mit den Verbandsfunktionären, die – nicht nur Pfisters Auffassung nach – in Afrika und im arabischen Raum viel zu viel Einfluss haben.

Auch nach der leidlichen WM-Erfahrung mit Togo ist seine Liebe zum afrikanischen Fußball nach wie vor ungebrochen. Sein Fazit: "Afrikanische Fußballer erleichtern einem Trainer die Arbeit. Die können einfach besser Fußball spielen."

Otto Pfister mit der afghanischen Nationalmannschaft

Auch mit 80 Jahren kein bisschen müde – Otto Pfister alsTrainer der afghanischen Nationalmannschaft

(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 13.06.2018)

Quelle: WDR

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