Bargeldloser Zahlungstransfer
Allen voran war es die Hafenstadt Venedig, die sich im 11. Jahrhundert den Handelsraum im Orient von den Muslimen zurückeroberte. Die hatten bis dahin etwa 300 Jahre lang das Gebiet um das Mittelmeer kontrolliert.
Jetzt wurde Italien wieder Dreh- und Angelpunkt der europäischen Handelsbeziehungen mit dem Nahen Osten. Anfangs mussten die Kaufleute ihre Gold- und Silbermünzen auf den langen Reisen mit sich führen. Das zog Räuber an und war nicht ungefährlich.
Mancherorts wurden sie beim Handel auch ganz einfach betrogen. Denn einige Münzen, die die Kaufleute für ihre Ware bekamen, sahen nur so aus und hatten das Gewicht von Gold- und Silbermünzen. Tatsächlich aber waren diese Münzen mit anderen Metallen versetzt und entsprechend weniger wert.
Das auf Anhieb zu erkennen, konnte kaum jemand leisten. Dafür gab es viel zu viele verschiedene Münzen, die als Zahlungsmittel im Umlauf waren.
Um diesen Unredlichkeiten entgegenzuwirken, entwickelte sich eine Zahlungsart, bei der kein Bargeld mehr direkt im Spiel war: der Wechsel. Nach abgeschlossenem Geschäft übergab der Käufer dem Verkäufer einen Brief. Darauf war die Summe notiert, auf die man sich geeinigt hatte. Dieses Papier konnte der Verkäufer dann später an einem bestimmten Ort gegen Bargeld wechseln.
Ein "wertvoller" Tisch
Mit Geld Geld verdienen
Im 13. Jahrhundert wurden dann mit dem Geld selbst Geschäfte gemacht. Es gab die Geldwechsler, die die verschiedenen Währungen tauschten. Pfandleiher, die Lombarden, ermöglichten Kredite. Der uns noch heute bekannte Lombardsatz hat seinen Namen diesem Berufsstand zu verdanken.
Aber mit Geld Geld zu verdienen – also Zinsen zu verlangen – war seitens der Kirche nicht erlaubt. Auf Umwegen geschah das trotzdem: Neben einer verschleiernden Buchhaltung erfolgten zum Beispiel Rückzahlungen nicht in der gleichen Währung. Wurden sie dann auch noch andernorts getätigt, war der Geldzuwachs nicht mehr so leicht nachzuvollziehen.
Erfolgreiche Geldgeschäfte im 14. Jahrhundert sind eng verbunden mit dem Namen Medici. Die mehr als 300 Jahre währende Dynastie aus Florenz bot schon damals das, was wir heute von Großbanken kennen: Zweigstellen an den wichtigsten Handelsplätzen im In- und Ausland, Wertpapierhandel oder bargeldlose Zahlungstransfers. Und auch das hatten die Medici: einen langen Arm in die Politik und in die höchsten Kreise der Kirche.
Italienisches Finanzwissen kommt nach Deutschland
Im späten 14. Jahrhundert hält das Bankwesen allmählich auch Einzug in Deutschland. Es herrscht ein reger Handel mit den italienischen Hafenstädten. Die deutschen Kaufleute erfahren bei ihren Geschäften von den neuen Zahlungsmethoden und wie diese den Handel erleichtern und sicherer machen. Dieses Wissen nehmen sie mit in die Heimat.
So wie Jakob Fugger aus Augsburg, der als Jugendlicher Ende des 15. Jahrhunderts in Venedig seinen Kaufmannsberuf erlernt. Er macht das Familienunternehmen zu einem der bedeutendsten europäischen Handels- und Finanzhäuser.
Der Reichtum der Fugger beschert ihnen auch eine große Macht: Könige und Kaiser, die in finanziellen Nöten sind, leihen sich Geld von ihnen. Der Habsburger Ferdinand I. hätte es im Jahre 1527 ohne finanzielle Hilfe aus dem Hause Fugger nicht zum König von Ungarn und Böhmen geschafft.
Im 19. Jahrhundert ist es die Familie Rothschild, die von den Mächtigen aus der Politik hofiert wird. Ihnen finanzieren sie Kriege, beteiligen sich aber ebenfalls beim Eisenbahnbau und mischen am Suezkanal mit. Die Rothschilds wissen es geschickt, die Aufbruchsstimmung im Zeitalter der Industrialisierung für sich in bare Münze umzuwandeln.
Ihren Ursprung haben die Privatbankiers jüdischer Herkunft in ärmlichen Verhältnissen in Frankfurt am Main. Angefangen als kleine Geldwechsler, arbeiten sie sich Ende des 18. Jahrhunderts mühsam über gute Kontakte in die Politik nach oben. Das große Geld machen sie unter anderem mit Staatsanleihen, die sie abwickeln und für die sie Provisionen kassieren.
Spekulationsobjekt Tulpenzwiebeln
Die Gefahr des Geldverdienens mit Geld liegt in der Gier, die der Mensch entwickelt. Dabei spielt es keine Rolle, welche Produkte gehandelt werden. Das zeigt das Beispiel der Tulpenkrise in Holland im 17. Jahrhundert.
Die Nachfrage nach Tulpen konnte vom Angebot nicht mehr gedeckt werden. Der Wert von Tulpenzwiebeln stieg enorm. Tulpen wurden zum Spekulationsobjekt – doch wusste niemand, wie die Blumen später tatsächlich aussehen würden.
Trotzdem wurden alle möglichen Wertgegenstände, sogar Häuser, dagegen eingetauscht. Eine besonders gute Zwiebel konnte die astronomische Zahl von 10.000 Gulden einbringen. Einfache Handwerker brachten es auf 250 Gulden Einkommen im Jahr. Verständlich, dass auch sie am großen Geschäft teilhaben wollten.
Das war aber irgendwann vorbei, weil niemand mehr die Blumen haben wollte. Die Preise für Tulpenzwiebeln fielen in den Keller, Eigentümer blieben auf ihren Zwiebeln sitzen. Viele hatten ihr ganzes Erspartes dafür eingesetzt, in der Hoffnung auf einen großen Gewinn. Jetzt waren sie finanziell ruiniert.
Die US-Finanzkrise 2008
Das Objekt der Gier bei der Finanzkrise unserer Tage waren Immobilien in den USA. Die Preise dafür waren gestiegen. Zugleich vergaben Banken günstige Kredite. Den Traum vom eigenen Haus als sichere Anlage, die im Wert weiter steigt, wollten sich viele erfüllen.
Für die Banken war das ein hervorragendes Geschäft. Sie gewährten Kredite und strichen die Zinsen ein. Ob ein Kreditnehmer überhaupt kreditfähig war, spielte dabei keine Rolle. Konnte er das geliehene Geld nicht zurückzahlen, fiel das Haus an die Bank.
2007 stürzten die Preise für Immobilien in den USA in den Keller. Die Banken erhöhten die Zinsen, um die drohenden Verluste auszugleichen. Viele Kreditnehmer konnten nicht mehr zahlen und ihre Häuser waren ebenfalls kaum mehr etwas wert.
Der Wolf im Schafspelz
Die Banken wollten trotzdem ihr Geld zurückbekommen und zusätzlich verdienen. Sie fassten also die "faulen" Kredite mit anderen Krediten in einem Paket zusammen. In diesem Bündel fielen die nicht zurückzahlbaren Kredite unter den sichereren kaum auf. Das so entstandene neue Wertpapier verkauften sie in großem Stil an andere Banken, Investmentgesellschaften oder Versicherungsunternehmen.
Bei den Käufern lag jetzt auch der Anspruch auf die hinterlegten Sicherheiten: die amerikanischen Immobilien. Auf dem Aktienmarkt aber hatte sich gezeigt, dass mit diesem Wertpapier großes Geld zu machen war.
Investoren liehen sich Geld, um einzukaufen. Als viele Hausbesitzer in den USA zahlungsunfähig waren, platzte die Blase. Banken standen vor der Pleite, weil auch sie fast zahlungsunfähig waren. Kunden hoben aus Angst vor Verlusten ihr Geld ab.
Auch untereinander gaben sich Banken keine Kredite mehr. Folglich konnten sie großen Firmen ebenfalls kein Geld mehr geben, die damit Investitionen tätigen oder ihre Mitarbeiter entlohnen wollten. Der große Geldkreislauf war zum Erliegen gekommen.
Weil das Zeitalter der Globalisierung und Informationstechnologie einen 24-Stunden-Handel der Börsen weltweit möglich gemacht hat, waren auch die Auswirkungen entsprechend weitläufig.
24-Stunden-Handel der Börsen
(Erstveröffentlichung 2012, letzte Aktualisierung 20.07.2018)
Quelle: SWR