Die Wander- und Lehrjahre
Seinen Geburtsnamen Nguyen Sinh Cung wechselt der 1890 Geborene unzählige Male. Erst mit 51 Jahren nennt er sich Ho Chi Minh, was so viel bedeutet wie "Jener, der die Erleuchtung bringt". Nach Wanderjahren als Matrose, die ihn bis nach Amerika führen, landet der Sohn eines Beamten 1917 in Paris, wo er sich mit verschiedenen Jobs durchschlägt und 1920 Gründungsmitglied der französischen Kommunistischen Partei wird. 1923 geht er als Abgesandter der Kommunistischen Internationale nach Moskau.
Er beschäftigt sich eingehend mit marxistischer Theorie und reist in den folgenden Jahren durch China, Westeuropa, Thailand und Hongkong. In der britischen Kronkolonie gründet er 1930 die "Kommunistische Partei Indochinas", die später in "Kommunistische Partei Vietnams" umbenannt wird. 1930 wird er von den Franzosen wegen Anstiftung zum Aufruhr festgenommen und in Abwesenheit zum Tode verurteilt.
Ein Jahr später wird er von der britischen Polizei in Hongkong verhaftet und muss eine einjährige Haftstrafe verbüßen. Danach verbringt er vier Jahre im Moskauer Exil und weitere drei Jahre in China, wo er unter anderem Kontakt zu Mao Zedong aufnimmt.
Die Rückkehr nach Vietnam
Nach 30 Jahren im Ausland betritt Ho Chi Minh erst 1941 wieder vietnamesischen Boden. Im Norden seiner Heimat baut er den Zusammenschluss verschiedener antikolonialistischer Gruppen (Vietminh) unter Führung der Kommunistischen Partei Indochinas auf, um den Unabhängigkeitskampf gegen Japaner und Franzosen zu lenken.
Als er 1942 wegen des Vorwurfs ein japanisch-französischer Spion zu sein in China erneut inhaftiert wird, verfasst er während der einjährigen Haft sein später berühmt gewordenes Gefängnistagebuch. Danach kehrt er nach Vietnam zurück und organisiert einen Guerillakrieg. Zunächst gegen die japanischen Streitkräfte, später gegen die französische Kolonialmacht, die ab 1946 erneut versucht, das Land zu besetzen.
Die Demokratische Republik Vietnam
Mit der Verlesung der Unabhängigkeitserklärung am 2. September 1945 in Hanoi ruft Ho Chi Minh die "Demokratische Republik Vietnam" aus. Erster Präsident des jungen Staates wird er selbst. Doch weder die französische Kolonialmacht noch der große Nachbar China erkennen die Republik an.
Ho Chi Minh ruft sein Volk zum bewaffneten Widerstand auf – der Indochinakrieg beginnt. Erst acht Jahre später wird der Krieg nach der siegreichen Einnahme der französischen Dschungelfestung Dien Bien Phu 1954 beendet.
Im selben Jahr teilt das Genfer Abkommen Vietnam in zwei Militärzonen. Im Süden übernimmt das Regime des von den USA protegierten Ngo Dinh Diem ohne Wahlen die Macht. Der begnadete Diplomat Ho Chi Minh taktiert beim schwierigen Aufbau der Demokratischen Republik Vietnam erfolgreich zwischen den konkurrierenden Groß- und Schutzmächten China und Sowjetunion. Ab 1960 unterstützt der Norden die kommunistische Guerilla-Organisation "Vietcong" im Süden. Ziel ist die Wiedervereinigung des Landes.
Der Vietnamkrieg
Aus Angst vor einem kommunistischen "Schneeballeffekt" beginnen die USA 1964 den Vietnamkrieg. Unermüdlich kämpft Ho Chi Minh gegen die amerikanischen Militärs und unterstützt die südvietnamesische Untergrundbewegung mit Waffen und Vorräten. 1969 stirbt er mit 79 Jahren an Herzversagen. Den Abzug der Amerikaner und die Wiedervereinigung seiner Heimat erlebt er nicht mehr.
Im Zuge der internationalen Protestbewegung gegen den Vietnamkrieg der Amerikaner wird er zur schon fast zu einer mythischen Symbolfigur des Widerstandes. Auch in Deutschland werden in Protestmärschen Plakate mit seinem Konterfei getragen und wird lautstark der Name "Ho Chi Minh" skandiert.
Der Personenkult
In Vietnam ist der asketische Patriot inzwischen zum Nationalhelden "Onkel Ho" geworden, dem überall und bei jeder Gelegenheit gehuldigt wird. Er selbst war während seines langen Lebens dagegen für seinen bescheidenen Lebensstil und seine Integrität bekannt. Nach seinem Tod wurde für seinen Leichnam in Hanoi ein Mausoleum errichtet, das im Stil des Lenin-Mausoleums in Moskau gebaut ist. Dies geschah allerdings gegen seinen letzten Willen. Er wollte lieber verbrannt werden, seine Asche sollte über Nord- und Südvietnam verstreut werden.
Bis heute ziert alle vietnamesischen Geldscheine das Porträt von Ho Chi Minh. Bei allem Personenkult, der nach wie vor um ihn gemacht wird, darf jedoch nicht vergessen werden, dass Schätzungen zufolge die Ermordung von etwa einer Million Menschen auf sein Konto geht.