Sammelbilder

Von Christina Lüdeke (WDR)

Objekte der Sammelleidenschaft

Ein Junge zeigt diverse Tier-Sammelbilder.

Mitte des 19. Jahrhunderts kam ein Pariser Kaufmann auf die Idee, auf die Rückseite von Reklamezetteln bunte Bilder zu drucken. Der Ansturm der Kunden auf diese Sammelobjekte war enorm. Bis heute locken die Firmen mit kostenlosen Sammelbildern: 2011 verschenkte etwa eine deutsche Supermarktkette in Kooperation mit dem WWF für jeden Einkauf ab zehn Euro eine Tüte mit Tiersammelbildern.

Mitte des 19. Jahrhunderts kam ein Pariser Kaufmann auf die Idee, auf die Rückseite von Reklamezetteln bunte Bilder zu drucken. Der Ansturm der Kunden auf diese Sammelobjekte war enorm. Bis heute locken die Firmen mit kostenlosen Sammelbildern: 2011 verschenkte etwa eine deutsche Supermarktkette in Kooperation mit dem WWF für jeden Einkauf ab zehn Euro eine Tüte mit Tiersammelbildern.

Aus der Idee vom kostenlosen Sammelbild als Zugabe zu verschiedenen Produkten oder Reklameblättern entstand eine regelrechte Sammelbild-Industrie. Im Vorfeld großer Sportereignisse haben die Sammelalben Hochkonjunktur. Der Marktführer in diesem Segment ist das Unternehmen Panini aus Italien. Die Geschäftsidee ist einfach: Nur für begrenzte Zeit sind bestimmte Bilder im Handel erhältlich. Der Kunde kann nicht sehen, welche Bilder er kauft. Seit der Fußball-WM 1974 verkauft Panini seine Sammelpacks in Deutschland.

Vor allem Kinder tauschen gerne Sammelbilder, schließlich will jedes sein Album möglichst vollständig haben. Nicht immer läuft der Tauschhandel freiwillig ab: Kinder werden von anderen unter Druck gesetzt und bestohlen. Um Auseinandersetzungen und Mobbing zu vermeiden, ist es an einigen Schulen verboten, Sammelbilder zu tauschen.

Nicht immer standen Schulen den Sammelbildern skeptisch gegenüber: Anfang des 20. Jahrhunderts verteilten Schulen in Frankreich Sammelbilder an Schulkinder. Für gute Leistungen und anständiges Benehmen erhielten sie einen "Bon Point" (deutsch: Bonuspunkt). Auf den Karten waren unterschiedliche Vogelarten zu sehen.

Christian Müller aus Bischofswerda sammelt mit Leidenschaft Zigarettenbilder aus der Zeit um den Zweiten Weltkrieg. Die Sammelbilder waren ursprünglich keine Kaufobjekte, sondern kostenlose Zugabe. Sie waren eine frühe Form der Werbung. Die Händler versuchten durch das Bildpräsent, die Kunden zu einem erneuten Einkauf in ihrem Laden zu motivieren. Die Bilder waren Beigabe zu verschiedenen Produkten, darunter Zigaretten, Schokolade und Suppenwürfeln sowie Seife und Schuhcreme.

Die Motive auf den Zigarettenbildern waren sehr unterschiedlich. Dieses Zigarettenbild aus den 1930er Jahren ziert etwa ein Porträt des Staatsmannes und Reformers Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Stein. Die Bildauswahl gehorchte zum einen der aktuellen Mode, zum anderen vermittelten sie Wissen an die einfache Bevölkerung. Die Sammelalben – die zum Teil reichlich Text enthielten – wurden daher auch als "Lexikon des kleinen Mannes" bezeichnet.

Die Großwildjagd und die deutschen Kolonien in Afrika waren das Thema dieser Zigarettenbild-Serie aus dem Jahr 1925. Die 1920er und 1930er Jahre gelten als die Hochphase der Zigarettenbilder. Diese beherrschten den Markt derart, dass auch die Sammelbilder aus anderen Produkten als "Zigarettenbilder" bezeichnet wurden. Die Alben waren so konzipiert, dass die Bilder nicht mehr eingesteckt, sondern eingeklebt werden mussten. Manche Hersteller legten die Bilder der Zigarettenpackung bei. Andere vergaben nummerierte Gutscheine, die der Kunde an die Zigarettenfirma schicken konnte, um die Bilder zu erhalten. Das Format der Sammelbilder war dadurch unabhängig von der Größe der Zigarettenpackung.

Ein Teil der Motive auf den Zigarettenbildern ist eher der Unterhaltung zuzuordnen. Sie zeigten Fotos von zeitgenössischen Stars. Dazu zählt auch dieses Bild des Schauspielers Werner Krauß aus den 1920er Jahren. Krauß war damals mit Filmen wie "Das Cabinet des Dr. Caligari" oder der Dostojewski-Verfilmung "Die Brüder Karamasoff" international bekannt geworden. In der Nachkriegszeit geriet Krauß in die Kritik, weil er in einem NS-Propagandafilm mitgewirkt hatte.

"Warhafftige und Eigentliche beschreibung von den Ständen, Zünften und Handwercken u. so in Teutschland zu finden vor und umb 1575." So lautet der Titel einer Bilderserie, in der unter anderem der Beruf des Köhlers vorgestellt wird. Das Kaffeegeschäft Tengelmann aus Mühlheim an der Ruhr hat die Serie und das Sammelalbum 1934 herausgegeben. Die Darstellungen sind entworfen und gezeichnet nach zeitgenössischen Bildern, Holzschnitten und Kupferstichen.

1934 konnten die Raucher von Zigaretten der Marke Eckstein Sammelbilder mit wichtigen Ereignissen seit dem Jahr 1918 sammeln. Die meisten Herausgeber von Sammelbildern standen allerdings während des Hitler-Regimes unter staatspolizeilicher Aufsicht. Die Nationalsozialisten hatten das Propaganda-Potenzial erkannt, das in Sammelbildern steckte. Die Bilderserien wurden teilweise zensiert oder vollständig verboten. Andere machten offensichtlich Propaganda, allen voran die Sammelbilder des Zigarettenherstellers "Sturm", der dafür von der SA finanziell unterstützt wurde.

Die Zigaretten-Sammelbilder in der DDR entsprachen der politischen Linie der Regierung. So zeigt dieses Bild aus den 1950er Jahren den Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KpdSU), Josef Stalin. Die Sammelbild-Reihen trugen wie "Die Geschichte der Arbeiterbewegung", "Reise durch die Sowjetunion", "Deutsche Volkstrachten" oder "Olympische Winterspiele 1956". Selbst über die Jugendorganisation "Junge Pioniere" gab es eine Zigaretten-Bildserie.

In den 1960er Jahren erlebten die Sammelbilder eine Renaissance. Sie waren etwa auf Kaugummi-Wickelverpackungen des Kaugummiherstellers "Americana" aus München zu finden. Stars wie Sofia Loren (Mitte) zierten die Packungen. Ebenso beliebte Motive waren Fußballer, Comics und Cartoons.

Stand: 02.03.2021, 15:09 Uhr

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