Der Traum vom Königsthron
Charles Edward Stuart wurde 1720 in Rom geboren. Er war der Enkel des früheren englischen und schottischen Königs James II. Dieser war vom englischen Parlament gestürzt worden, weil er versucht hatte, den Katholizismus wieder einzuführen.
Charles bekam die typische Erziehung eines Adligen seiner Zeit. Die Rückeroberung der Macht in Schottland zugunsten seiner Familie sah er als romantisches Abenteuer. Er war davon überzeugt, dass seiner Familie nicht nur der schottische, sondern auch der englische Thron zustand.
Seine "Invasion" wurde beinahe durch schlechtes Wetter und englische Kriegsschiffe vereitelt, aber im August 1745 erreichte er mit einer Handvoll Männer die schottische Westküste und hisste die Familienfahne als Zeichen einer neuen Revolte.
Die Clanchefs, die England traditionell ohnehin feindlich gesinnt waren, köderte Charles mit der angeblichen Unterstützung Frankreichs für eine Revolte in Schottland. So marschierte er bald mit 5000 Highlandern nach Edinburgh, wo nur die Burg in englischer Hand blieb.
Der Vorstoß des "schönen Prinzen"
Für gut sechs Wochen residierte Bonnie Prince Charlie ("der schöne Prinz Charlie"), wie der Frauenliebling bald genannt wurde, im Holyrood-Palast von Edinburgh, ließ sich als Befreier feiern und rief seinen Vater zum König von Schottland aus.
Doch statt sich in Schottland festzusetzen, brach er mit seiner Armee nach England auf, um auch die englische Krone zurück zu erobern. Charles' Armee nahm die Städte Manchester und Lancaster ein und stand im Dezember vor Derby, nur 150 Kilometer von London entfernt.
Die Bevölkerung der Hauptstadt geriet in Panik. Und König George II. bereitete bereits seine Flucht vor, da angeblich auch noch 10.000 Franzosen zur Unterstützung des Aufstands in Süd-England gelandet waren.
Blutige Entscheidung: die Schlacht von Culloden
In dieser Situation unterlief Charles der entscheidende strategische Fehler: Statt weiter nach London zu marschieren, gab er dem Drängen der Clanchefs nach, wegen der mangelnden Unterstützung nach Schottland zurückzukehren und die Armee neu zu formieren. Denn die angebliche französische Rückendeckung hatte sich inzwischen als Falschmeldung erwiesen.
Dieser Rückzug verschaffte den Engländern die Zeit, eine neue, gut ausgerüstete Armee aufzustellen. Sie setzte unter der Führung des Herzogs von Cumberland den Schotten nach. Nach mehreren Gefechten zogen sich die Schotten bis nach Inverness in die Highlands zurück.
Am Morgen des 16. April 1746 standen 5000 völlig erschöpften Schotten etwa 9000 ausgeruhte, bestens bewaffnete Soldaten Cumberlands gegenüber. Das Schlachtfeld im Moor von Culloden war außerdem für die Angriffstaktik der Schotten – kurze schnelle Attacken und anschließender Rückzug – völlig ungeeignet.
Für Cumberlands Armee dagegen war das Terrain geradezu ideal. Auch wenn der Herzog bis dahin noch nie eine Schlacht gewonnen hatte, war es unter diesen Bedingungen kein großes Kunststück, die Clan-Armee in weniger als einer Stunde aufzureiben.
England jubelte und Cumberland kannte keine Gnade. Erbarmungslos ließ er alle Jakobiten, wie sich die Anhänger der Stuarts nannten, umbringen und bis ins Hochland verfolgen. Dies trug ihm den Beinamen "butcher" (Schlächter) ein.
Charlies Flucht
Doch Bonnie Prince Charlie konnte entkommen. Trotz aller Anstrengungen und einer unglaublich hohen Belohnung von 30.000 Pfund konnte ihn der Herzog von Cumberland nicht fassen.
Charlie irrte fast fünf Monate durch das westliche Hochland und die Inseln, immer gedeckt von der Bevölkerung der Highlands: Die bis heute als Nationalheldin verehrte Flora MacDonald steckte den Prinz in Frauenkleider, schmuggelte ihn auf die Insel Skye und floh dann mit ihm nach Frankreich. Charlie kehrte nach Rom zurück und starb dort 1788 als Alkoholiker.
Auch wenn ihm bis heute der Ruf des romantischen Rebellen anhaftet, war Bonnie Prince Charlie eher ein Lebemann auf der Suche nach Abenteuern – der die schottischen Clans in eine von Anfang an ziemlich aussichtslose Revolte trieb.
(Erstveröffentlichung 2004. Letzte Aktualisierung 05.03.2021)