Luftaufnahme des Regenwaldes im Kongo.

Kongo

Das Kongo-Becken – Afrikas grünes Herz

Mitten in Afrika, rund um den Äquator, erstreckt sich der zweitgrößte tropische Regenwald der Erde. Er beherbergt ein ausgeklügeltes Ökosystem und birgt bis heute spannende Geheimnisse.

Von Danielle Schippers

Sümpfe und Mangrovenwälder

Der Regenwald im Kongo-Becken bedeckt eine Fläche von etwa 1,7 Millionen Quadratkilometern und ist damit rund fünfmal so groß wie Deutschland – nur der Urwald im Amazonas-Gebiet ist noch größer.

Ein Viertel des weltweiten Regenwaldbestandes macht das grüne Herz Afrikas aus. Es reicht im Westen von Kamerun, Gabun und der Demokratischen Republik Kongo bis zur Region der Großen Seen mit Uganda, Ruanda und Tansania in Ostafrika.

Das Kongo-Becken nördlich und südlich des Äquators ist ein ausbalanciertes Ökosystem. Der Fluss Kongo spielt dabei eine wesentliche Rolle. Er transportiert nährstoffreiches Wasser – unter anderem aus dem Viktoria- und dem Kivusee – durch die trockenen Steppen der Region Katanga in das feuchte Kongo-Becken. Hier bildet das weitverzweigte Flusssystem mit den umliegenden Sümpfen und Mangrovenwäldern einen wasserreichen Lebensraum für Flora und Fauna.

Fische im Kongo – Evolution auf Steroiden

Im Kongo und seinen Nebenflüssen leben extrem viele und ungewöhnliche Tierarten. Die Unterwasserwelt des Kongo-Beckens ist so unzugänglich, dass bis jetzt nur ein kleiner Teil erforscht werden konnte. An einigen Stellen ist der Fluss 220 Meter tief, daher bleiben manche Tierarten bis heute im Verborgenen.

Im Unterlauf des Kongos, etwa auf den letzten 350 Kilometern vor der Mündung in den Atlantik, entdeckten Forscher des "American Museum of Natural History" (AMNH) erst 2008 eine Vielzahl neuer Fischarten. Durch die tiefen Gräben, die den Flussgrund durchziehen, und das braune Wasser blieben sie bisher unentdeckt.

Äußerlich erinnern die neu entdeckten Fische zum Teil an die bizarren Wesen der Tiefsee – sie haben lange scharfe Zähne, riesige Mäuler oder seltsame Formen. Einige Exemplare wogen bis zu 70 Kilogramm.

Die Fluten des Kongos sind so tief und nährstoffreich, dass sich die Arten darin extrem schnell verändern und ausdifferenzieren. Das Forscherteam des AMNH beschrieb die Entwicklung im Fluss als "Evolution auf Steroiden", Team-Leiterin Melanie Stiassny nannte den Kongo eine "Spezies-Fabrik".

Luftaufnahme des Kongos, der durch Regenwald fließt

An vielen Stellen schwer zu erforschen

Tonnenschwere Meerjungfrau

Im Kongo-Becken lebt auch der Afrikanische Manati, eine fast ausgestorbene Seekuh-Art. Weltweit gibt es nur noch vier kleine Manati-Populationen, eine davon in den Mangroven-Sümpfen des Kongos.

Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) wird der Afrikanische Manati als gefährdet eingestuft. Wie viele Seekühe es im Kongo-Becken noch genau gibt, ist laut IUCN allerdings nicht bekannt.

Der Manati ist ein friedlicher Pflanzenfresser, der bis zu vier Metern lang und je nach Art bis zu 1500 Kilogramm schwer werden kann. Sein Körper ist stromlinienförmig und ziemlich dick, sein Kopf dagegen relativ klein.

Anatomisch ist er eng verwandt mit Elefanten und Walen. Wenn man ihn sieht, versteht man kaum, warum er in den vergangenen zwei Jahrhunderten immer wieder mit Meerjungfrauen oder den Sirenen aus der griechischen Mythologie verglichen wurde. Gejagt werden die Tiere hauptsächlich wegen ihres Fleisches und Fells.

Ein Manati taucht

Zwar keine Meerjungfrau, aber ein beeindruckendes Tier: der Manati

Virunga-Nationalpark – Heimat der Gorillas

Am östlichen Rand des Regenwaldes liegt der älteste Nationalpark Afrikas. 1969 ging der Virunga-Nationalpark aus dem schon 1925 gegründeten Albert-Nationalpark hervor, 1979 wurde er von der Unesco zum Weltnaturerbe erklärt. Der Park umfasst ein großes Gebiet rund um die Virunga-Vulkankette auf dem Staatsgebiet der Demokratischen Republik Kongo, Ugandas und Ruandas.

Das Gebiet ist deshalb schon lange im Fokus der Naturschützer, weil dort einige der letzten Berggorillas der Erde leben. Dieses Stück Regenwald beherbergt schätzungsweise die Hälfte der letzten 1000 Berggorillas weltweit. Für das Fortbestehen der in sozialen Verbänden lebenden Tiere ist der Virunga-Nationalpark enorm wichtig. Es wird streng kontrolliert, dass sie weder gejagt noch vertrieben werden.

Die Gorillabestände gingen im 20. Jahrhundert immer weiter zurück. Wilderer jagten die Tiere wegen ihres Fells oder um aus ihren Knochen und anderen Körperteilen traditionelle Heilmittel herzustellen. Durch die Abholzung der Regenwälder schwand zudem der Lebensraum der Menschenaffen. Erst in den vergangenen Jahren erholte sich der Bestand etwas und stieg sogar wieder an.

Ein besonderes Problem im Virunga-Nationalpark war, dass die Tiere während der ständigen bewaffneten Konflikte in der Kivu-Region auch als Nahrung für Flüchtlinge gejagt wurden, genauso wie andere Tierarten, die dadurch vom Aussterben bedroht sind.

Ein Berggorilla im Regenwald im Kongo

Sein Lebensraum ist bedroht

Neben den Berggorillas kommen im Virunga-Nationalpark auch andere seltene Tierarten vor, etwa die fast ausgestorbenen Waldelefanten oder das Okapi, das aussieht wie eine Mischung aus Giraffe, Pferd und Zebra.

Der Regenwald zerfällt

Der Regenwald im Kongo-Becken wird schnell kleiner, und schuld daran ist der Mensch. Eine Ursache ist der globale Klimawandel, der sich in so empfindlichen ökologischen Gebieten wie den Tropen stärker zeigt. Schon eine kleine Veränderung des Gleichgewichts zwischen Tier- und Pflanzenwelt zieht eine Kettenreaktion nach sich.

Das Kongo-Becken leidet aber auch extrem unter den kriegerischen Auseinandersetzungen und der Ausbeutung der Bodenschätze, die seit mehr als zwei Jahrhunderten die Region prägen. Hier lagern dicht an dicht die verschiedensten Rohstoffe, für deren Abbau große Flächen abgeholzt wurden und werden.

Die Arbeiter brauchen Platz für Camps und Feuerholz; die Bevölkerung wächst und braucht größere Agrarflächen. Chemikalien und giftige Abfallprodukte der Rohstoffförderung sickern in den Boden und werden von Pflanzen aufgenommen, die wiederum von Tieren gegessen werden.

Luftbild einer riesigen Mine.

Kobalt-Mine in Katanga

Folgenreiche Probleme für die Tierwelt des Kongo-Beckens sind auch Wilderei und "Bushmeat". Immer noch exportieren Händler Felle, Fleisch und lebende Exemplare, gerade von den Tierarten, die schon fast ausgestorben sind, wie Affen, Wildkatzen, Reptilien und Vögeln.

"Bushmeat" nennen die Einheimischen das Fleisch der Tiere, die sie in den Wäldern jagen, um davon zu leben. Als der Regenwald noch groß genug war, konnten die Völker der Region, besonders die Nomaden, die Tiere problemlos als Nahrungsquelle nutzen. Doch heute ist das illegal und unter Strafe gestellt, besonders bei bedrohten Tierarten.

(Erstveröffentlichung 2010. Letzte Aktualisierung 29.06.2020)

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Quelle: WDR

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