Leben unter Null
Die Nordpolarregion ist nicht nur ein Lebensraum für Tiere, die auf der geschlossenen Eisdecke leben. Auch im Meereis selbst und an dessen Unterseite leben Algen und andere Kleinstlebewesen, die ihrerseits den Anfang der Nahrungskette bilden.
Dort ist das Wasser minus zwei Grad Celsius kalt. Die Grenzschicht zwischen Eis und Wasser ist sehr nährstoffreich. Besonders die hoch konzentrierte Salz-Lake, die entsteht, wenn Meerwasser zu Eis gefriert, ist Lebensraum für kleine Organismen. Arktische Eisalgen etwa benötigen kaum Licht für ihre Photosynthese.
Das arktische Ökosystem hat kurze Nahrungsketten, die in einigen Fällen nur aus wenigen Gliedern bestehen: Meer- und Eisalgen werden von Zooplankton und Krill gefressen, das wiederum Kabeljau oder Hering und auch den Bartenwalen als Futter dient. Die Fische werden von Robben gefressen. Und die Meeressäuger wiederum dienen dem Eisbär als Nahrung – er ist das letzte Glied in der Kette und der einzige Arktisbewohner ohne natürlichen Fressfeind.
Viele arktische Säugetiere leben im Wasser
In der Kälte der Arktis ist für gleichwarme Tiere die Vermeidung von Wärmeverlust existenziell. Mit dicken Fettschichten sind alle arktischen Säugetiere und auch viele Vogelarten perfekt an die Kälte zu Land und im Wasser angepasst.
Große Tiere haben dabei den Vorteil, dass ihre Körperoberfläche im Verhältnis zum Körpervolumen relativ klein ist – und damit auch der Wärmeverlust.
Im Nordpolarmeer lebt eine große Anzahl von Säugetieren im Meer. Neben den zwei größten Arten – dem Blauwal und dem Finnwal – kommen in arktischen Gewässern Wale fast aller Arten vor, Plankton fressende Grönland-, Buckel- und Zwergwale ebenso wie viele Zahnwalarten.
Die großen Meeressäuger wurden und werden verschieden stark bejagt und leben deshalb zum Teil nur noch in kleinen Populationen in bestimmten Gewässern. Der mit dem Beluga verwandte Narwal ist dabei die am weitesten nördlich vorkommende Art.
Fast alle Walarten kommen in der Arktis vor
Robben sind geschickte Schwimmer und kommen nur zum Schlafen und Sonnen an Land aufs Eis. Hundsrobben haben anders als die zu den Ohrenrobben gehörenden Seelöwen keine Hinterflossen, auf denen sie laufen können. Deshalb müssen sie sich an Land durch Kontraktion ihrer Rumpfmuskulatur bewegen. Das macht die Seehunde langsam und zu einer leichten Beute für Eisbären und Menschen.
Walrosse gehören ebenfalls zur Familie der Robben. Die großen Stoßzähne des männlichen Tieres können einerseits beim Erklettern einer Eisscholle helfen, machen aber auch beim Erobern eines Weibchens und beim Abschrecken von Rivalen Eindruck. Noch heute werden Walrosse aufgrund ihrer Stoßzähne gejagt.
Walrosse haben beeindruckende Stoßzähne
Eisbär und Rentiere leben auf dem Eis
Eisbären leben zwar auf dem Eis, sind aber so exzellente Schwimmer, dass sie als Meerestiere gelten. Ihre hohe Kältetoleranz bekommen sie durch ein dichtes Fell, dessen Haare hohl sind. Ihre Haut ist tiefschwarz und kann so viel Wärme speichern.
Zusätzlich schützt sie eine dicke Fettschicht unter der Haut vor der Kälte. Eisbären sind Fleischfresser. Pflanzen fressen sie nur in der Not, zum Beispiel während des eisfreien Sommers.
Pflanzenfresser wie Rentiere, Karibus und Moschusochsen hingegen könnten im permanenten Eis kaum überleben. Sie wandern im arktischen Winter in die eisfreien Regionen, um nach Gras, Flechten und Moosen zu suchen. Außerdem leben in den Kälteregionen Polar- oder Eisfüchse, Schneehasen, Hermeline, Lemminge sowie Wölfe.
Eisbären zählen zu den Meerestieren
Viele Tierarten sind bedroht
Zwar leben außer den indigenen Völkern wie den Inuit in der Arktis kaum Menschen. Dennoch gefährden die Menschen auch dort massiv die Tierwelt. Neben dem Problem der Überfischung des Nordatlantiks wurden in den vergangenen Jahrhunderten auch viele Meeressäuger bis an den Rand der Ausrottung gejagt. Auf diese Weise wird das ohnehin fragile Gleichgewicht der Nahrungskette massiv bedroht.
Auch das Verschwinden des Packeises, das durch den Klimawandel immer schneller schmilzt, erschwert den auf dem Eis lebenden Tieren zunehmend das Leben.
Schlimmer jedoch als diese relativ langsamen Veränderungen der Umwelt ist die unmittelbare Bedrohung durch Umweltgifte. Diese lagern sich im Ökosystem Arktis besonders hoch konzentriert an. Mit Wind und Meeresströmung gelangen sie aus aller Welt dort hin und können aufgrund des Klimas nur sehr langsam bis gar nicht abgebaut werden.
Schiffslärm und Ölbohrungen bedeuten weitere Bedrohungen für die arktische Fauna. Zahlreiche arktische Tierarten gelten zur Zeit als gefährdet.
Die Inuit dürfen Robben jagen
(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 27.01.2021)
Quelle: WDR