Die Werkzeuge
Mit der Glasmacherpfeife wird die Schmelze aus dem Ofen geholt und weiterverarbeitet. Um einen dünnwandigen Hohlraum zu erzeugen, bläst der Glasmacher durch die Pfeife in den Glastropfen.
Drei weitere Werkzeuge sind notwendig, um Glas herzustellen. Die Schere benutzt der Glasmacher, um das Glas von der Pfeife abschneiden zu können oder um Glasstäbe, Glasfäden oder Glasformen zu kürzen. Um eine flache Form aus dem Glastropfen zu bekommen, benutzt er metallene Platten, die die Schmelze quetschen.
Damit bearbeitet er nur kleinere Gebilde, wie zum Beispiel Blätter, die als Zierwerk für einen Leuchter gedacht sind. Mit der Zange lassen sich die aufwendigsten Verzierungen machen. So wird zum Beispiel das Muster eines Blattrandes gezogen, um die Blattadern hervorzuheben.
Mit diesen wenigen Werkzeugen wurden in Venedig und Murano seit Jahrhunderten die kunstvoll gestalteten Leuchter mit dem aufwendigen Blätter- und Blütenschmuck hergestellt. In den alten Palazzi von Venedig kann man die filigranen Gebilde bewundern.
Wer solch ein Prachtstück heute neu kaufen will, muss manchmal mit Preisen rechnen, die dem eines Mittelklassewagens entsprechen.
Gold und Silber
Oft wurden Gläser mit Silber- und Goldverzierungen geschmückt. Besonders die Ränder von Trinkgläsern, Vasen und Pokalen erhielten einen Gold- oder Silberrand.
Mit bestimmten Zusätzen vermischt, wird das Metall auf das Glas aufgetragen und eingebrannt. Um nach dem Brennen den schönen Glanz wieder zum Vorschein zu holen, muss die Metallfarbe noch poliert werden.
Glasschale mit unterlegtem Gold
Spiegelglas und Bauernsilber
Metallhinterlegt ist vor allem Spiegelglas. Das kannten zwar schon die Phönizier im ersten Jahrtausend vor Christus, aber besonders ebenmäßig war das Glas nicht. Wer solch einen Glasspiegel benutzte, hatte eher einen Zerrspiegel und sah nicht gerade vorteilhaft aus.
Daher zog man es vor, polierte Metallplatten als Spiegel zu benutzen. Belegt waren die Glasspiegel mit Zinn oder Blei, die bald matt wurden. Die venezianischen Spiegel hatten eine Quecksilberbeschichtung. Die Herstellung war aber äußerst gefährlich für die Arbeiter, die die giftigen Quecksilberdämpfe einatmeten.
Der deutsche Chemiker Justus von Liebig entwickelte Mitte des 19. Jahrhunderts dann ein ungiftiges Verfahren, bei dem eine dünne Silberschicht auf Glas aufgebracht wurde. So kam das sogenannte Bauernsilber in Mode: Glasgeschirr, das mit Silber belegt war. Vor allem Thermoskannen, Heiligenfiguren und Weihnachtsschmuck wurden auf diese Weise hergestellt.
Gravieren, schleifen, schneiden
Gravuren oder Glasschnitt gehören zu den ältesten Verfahren, dem Glas eine dekorative Form zu geben. Die ägyptischen Glasmacher gossen Glasblöcke und schliffen sie anschließend in die gewünschte Form. Die Römer schnitten bereits in zweischichtiges Überfangglas kunstvolle Szenen, die dann zweifarbig hervortraten.
Böhmischer Glasschnitt
Bleikristallglas
Gibt man dem Rohstoffgemisch für die Glasschmelze Bleioxid zu, entsteht das stark lichtbrechende, schwere Bleikristallglas.
Das Bleiglas entstand im 17. Jahrhundert, weil sich die englischen Glashütten umstellen mussten. Sie hatten nicht mehr genügend Holz zu verfeuern und mussten sich daher auf Kohle umstellen. Das hatte zur Folge, dass auch die Schmelzöfen etwas verändert wurden.
Sie benötigten aber dadurch mehr Energie, um das Glas zu schmelzen. So fügte der Glashüttenbesitzer George Ravenscroft 1675 Blei hinzu, weil er der Ansicht war, dass das Glas dadurch schneller schmilzt. Das Ergebnis war Bleiglas, ideal für den Glasschnitt.
Die Engländer behielten das Produktionsgeheimnis sorgfältig für sich. Erst 1912 wurde Bleiglas im Bayerischen Wald hergestellt.
Ätzen und Sandstrahlen
Im 19. Jahrhundert kam das Sandstrahlen und Ätzen des Glases auf. Das Sandstrahlen war eine Zufallsentdeckung: Manche amerikanischen Farmer hatten Gitter vor ihren Fenstern, um sie beim Sturm zu schützen. Da war zu beobachten, dass sich bei den Sandstürmen das Muster der Gitter auf dem Fensterglas abzeichnete. Das veranlasste schließlich 1871 den Amerikaner Benjamin Tilghman, ein Sandstrahlgebläse patentieren zu lassen.
Das Ätzen von Glas funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie die Herstellung von Radierungen oder Stoffbatiken: Man überzieht das Glas mit Wachs und ritzt ein Muster hinein. Dann wird eine Ätzflüssigkeit aufgebracht. Nur an den eingeritzten Stellen erscheint dann das Glas matt.
Farben und Muster im Glas
Glas ist nur dann ganz klar, wenn keine metallischen Verunreinigungen im Sand waren. Sonst ist es oft grünlich oder gelblich. Will man Glas färben, müssen Metalloxide gezielt beigemengt werden. Zum Beispiel färbt Kobaltoxid blau, Chromoxid gelb, Kupferoxid blaugrün.
Das tiefe Rot des Rubinglases dagegen ist eine Beize aus Metallsalzen. Sie wird auf das kalte Glas aufgetragen und dann erwärmt. Bei geschliffenem Rubinglas kann man gut erkennen, dass die Farbe nur oben aufliegt.
Auch beim sogenannten Überfangglas gibt es diesen Effekt. Hier wird allerdings farblose Glas in flüssiges farbiges Glas getaucht und anschließend in Form geblasen.
Beim Mosaikglas werden die farbigen Glasplättchen auf eine Marmor- oder Eisenplatte gelegt. Dann rollt der Glasmacher die heiße Glasblase darüber. Die Glasstückchen verbinden sich sofort damit.
Anschließend wird das Ganze noch einmal mit Klarglas überfangen. Durch Mischen von verschiedenfarbigem, flüssigem Glas erhält der Glasmacher ein streifiges Muster, das dem Halbedelstein Achat ähnelt. Daher die Bezeichnung Achatglas.
Farbig schillerndes Glas kam besonders im Jugendstil wieder in Mode. Das fertige Glas wurde damals wie heute auf 400 Grad erhitzt und dann mit speziellen, feuchten Gasen bedampft. Dabei zersetzen sich die chemischen Bestandteile des Gases und lagern sich als irisierende Oxidschicht auf dem Glas ab.
Im Jugendstil sehr beliebt: farbige Fenster
(Erstveröffentlichung: 2003. Letzte Aktualisierung: 04.12.2018)
Quelle: WDR